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Lienzer Hütte_Judith Zauner

DER WINTER 2019/20 - ZAMG FASST ZUSAMMEN

19.02.2020
Autor: ZAMG Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik,  Alexander Radlherr
Ein Winter, der nicht nur die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) nachdenklich stimmt: 2019 war bereits eines der drei wärmsten Jahre seit Messgeschichte, überdurchschnittliche Niederschlagsmengen schon vor Winterbeginn sowie große Neuschneemengen im November südlich des Alpenhauptkamms. In den Tälern machten uns schlechte Luftwerte zu schaffen und im Dezember verzeichnete man die wärmsten Nächte seit Beginn der Aufzeichnungen (1767!) auf der Alpennordseite.
Ein Rück- und Ausblick mit Einblick in die Tiefen der Statistik.
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WINTERBEGINN ANFANG NOVEMBER

Der aktuelle Winter begann für manche Gebiete Österreichs ziemlich früh. Schon in der ersten Novemberhälfte führte eine ungewöhnliche Aneinanderreihung von Südstaulagen entlang und südlich des Alpenhauptkammes für beachtliche, teils sogar extreme Niederschlagsmengen.
Oft resultierten daraus auch sehr große Neuschneemengen welche jedoch aufgrund der hohen Temperaturen eher feucht bis nass und somit recht dicht ausvielen. Zudem stieg die Schneefallgrenze zeitweise hoch hinauf, was zu weiterer Setzung der Schneedecke führte. Wenn auch nur mit einer geringen Schneehöhe war diese jedoch sehr kompakt. Die Skisaison im Süden war somit erst einmal gesichert.

DER WECHSELHAFTE DEZEMBER

In weiterer Folge ging es unspektakulär, meist hochdruckgeprägt, oft föhnig und insgesamt ziemlich mild weiter. Nach dem feuchten November gestaltete sich der Dezember zunächst eher trocken, auch wenn sich um die Monatsmitte teils eine dünne Schneedecke bis in viele Tallagen ausbilden konnte. Nach einem kräftigen und sehr milden Südföhneinschub – der alpennordseitigen Regionen gebietsweise die wärmsten Nächte seit Beginn der Aufzeichnungen bescherte – stellte sich die Wetterlage kurz vor Weihnachten um. Eine straffe Nordwestströmung führte einige Tage lang wiederholt atlantische Frontensysteme gegen die Alpennordseite, wo die lang ersehnten kräftigen Niederschläge zumindest in höheren Lagen eine dicke Neuschneedecke und kurzzeitig auch eine verschärfte Lawinensituation brachten. Zwischen den Jahren schneite es dann teils auch in den Niederungen.

EIN SONNIGES NEUJAHR

Das neue Jahr begann ausgesprochen trocken, vor allem in der Höhe sehr mild und überaus sonnig – es herrschten somit oft gute Tourenbedingungen. Mit Neuschnee war vorerst nicht zu rechnen. Erst zum Monatsende fiel verbreitet etwas Schnee. Charakteristisch für den Jänner war die Inversionswetterlage, die für milde Verhältnisse in höheren Lagen und teils frostige Temperaturen gepaart mit immer schlechter werdender Luftqualität in den Tälern sorge. Der vergangene, durchwegs deutlich zu warme Jänner stand somit in starkem Kontrast zum Jänner 2019, welcher besonders alpennordseitig von bemerkenswerten Schneefällen, Stürmen und winterlichen Temperaturen gekennzeichnet war. 
ZAMG ZAMG Kuratorium für Alpine Sicherheit

DER STÜRMISCHE FEBRUAR

Erneut folgte mit dem Monatswechsel eine Wetterumstellung: und zwar auf eine atlantisch geprägte, leicht mäandrierende und oft stürmische Westströmung, die zwischendurch auch für eine kurze, aber ausgeprägte Nordstaulage sorgte. Das glitzernde Winterwonderland hatte wenigstens für ein paar Tage bestand, bevor Fronten mit Regen und gebietsweise stürmisch durchgreifender milder Westwind teils sprichwörtlich über Nacht wieder braun-grüne Verhältnisse schufen.

Die milde und vor allem alpennordseitig (sowie auch in den Westalpen) feuchte und damit zumindest in höheren Lagen immer wieder schneebringende Westwetterphase setzt sich nach aktuellem Stand (17.02.) noch bis mindestens zum Monatsende hin fort. Damit stehen einerseits zwischen den Frontensystemen ausgesprochen milde Phasen unter Einfluss des Subtropenhochs sowie andererseits zwischendurch auch Schneefälle bis in viele Alpentäler herab bevor. Kurz gesagt: der meteorologische Winter setzt sich auch in seinen letzten Tagen wechselhaft fort und wird seinem Namen nur zwischendurch gerecht.

IST DAS NORMAL?

Was ist schon normal – diese Frage ist durchaus berechtigt. Beim Wetter ist es natürlich normal, dass NICHT jeder Tag genau durchschnittliche Werte bei Temperatur, Niederschlag, Sonnenschein, etc. aufweist. Durch verschiedene Wetterlagen gibt es im Wechsel kältere und wärmere sowie feuchte und trockene Phasen, die dann im Endeffekt einen (langjährigen) Durchschnitt bilden.
Laufen die Abweichungen von diesem Durchschnitt aber über längere Zeit in eine Richtung, folgt daraus naturgemäß ein Ungleichgewicht, welches sich auch in der Statistik niederschlägt.

Weitgehend durchschnittlich im Bereich der natürlichen Schwankungen sind die Niederschläge des aktuellen Winters einzuordnen – der sehr trockene Jänner wurde durch feuchtere Phasen Mitte / Ende Dezember und aktuell in der ersten Februarhälfte weitgehend ausgeglichen. Eine Ausnahme stellen die südlichen Alpenregionen dar, die bei den niederschlagsbringenden West- bis Nordwestlagen eher benachteiligt sind und somit durchwegs unterdurchschnittlichen Winterniederschlag verzeichnen – daran wird sich in den kommenden beiden Wochen voraussichtlich kaum mehr etwas ändern. Wahrscheinlicher ist, dass es im Norden zu feucht weitergeht.
Kuratorium für Alpine Sicherheit ZAMG ZAMG

MILDE TEMPERATUREN IN HOHEN LAGEN

Auf jeden Fall nicht als normal zu bezeichnen, sind die Temperaturen dieses Winters. Fast durchgehend dominierten milde Luftmassen entweder subtropischen oder atlantischen Ursprungs das Geschehen, was – abgesehen von Inversionslagen – zu anhaltend deutlichen positiven Temperaturabweichungen führt.
Es gab bis jetzt noch keinen einzigen nennenswerten (sub)polaren Kaltlufteinbruch, mit diversen Kaltfronten eingeflossene Kaltluft konnte sich jeweils kaum länger als einen Tag in den Alpen halten, bevor sie von Westen wieder von milderen Luftmassen abgelöst wurde.
Meist liegen die Abweichungen bei knapp 3 Grad über der letzten Klimanormalperiode (1981-2010).
Der milde Winter setzt somit nahtlos die Monate mit zu hohen Temperaturen fort: 2019 stehen zwei zu kühle Monate (Jänner, Mai) satten zehn zu warmen Monaten gegenüber – den Großteils menschgemachten Klimawandel spüren wir also am eigenen Leib. Bereits 10 Tage vor Ende des meteorologischen Winters ist sicher, dass der aktuelle Winter in Österreich einer der fünf wärmsten Winter der Messgeschichte wird – und diese reicht immerhin bis 1767 zurück. Dass die bisher wärmsten Winter gehäuft in den letzten eineinhalb Dekaden aufgetreten sind, ist fast schon selbstredend. Auch im unrühmlichen Rennen um einen neuen Temperaturrekord ist noch alles möglich, es geht hier nur um wenige Zehntel Grad auf oder ab. 

BEACHTLICHE NIEDERSCHLAGSMENGEN IM SÜDEN

Ebenfalls nicht normal waren die Niederschlagsmengen an der Alpensüdseite sowie am Alpenhauptkamm vor Beginn des eigentlichen Winters - von 3. bis 17. November. Während dieser beiden Wochen regnete und schneite es in Süd- und Osttirol sowie dem westlichen Oberkärnten und dem südlichsten Salzburgerland vielerorts das fünf- bis achtfache, wie durchschnittlich zu dieser Zeit. Auch bei weit zurückreihenden Messreihen wurden derart große Mengen in einer zweiwöchigen Periode zu beliebiger Jahreszeit noch nie zuvor gemessen. In Lienz kamen 404 mm zusammen, was nahezu der Hälfte des durchschnittlichen Jahresniederschlags (!) von 905 mm entspricht. Die Jährlichkeit des Ereignisses liegt zwischen 150 und 250, statistisch gesehen kommt das also nur alle 150 bis 250 Jahre und teils sogar noch seltener vor. In Anbetracht dieser Außergewöhnlichkeit ist festzuhalten, dass die Auswirkungen und Schäden an Leben, Infrastruktur und Natur mit nur geringfügig anderem Lauf der Dinge weitaus größer sein hätten können: Durch den großen Schneeanteil im Niederschlag wurden beträchtliche Teile davon zurückgehalten und wurden somit nicht hochwasserwirksam. Andererseits bewirkten zwischenzeitliche Regenfälle bis in größere Höhen, dass die auftretenden Lawinen keine allzu bedrohlichen Ausmaße angenommen haben.

Beachtlich ist, dass für den Süden bereits die zweite schwere herbstliche Unwetterlage in Folge auftrat. Im Herbst 2018 war das Ereignis zwar von kürzerer Dauer, aber dafür noch intensiver. Noch nicht genau untersucht, aber zumindest wahrscheinlich ist, dass das immer öfter deutlich zu warme Mittelmeer einen Einfluss auf die Intensität dieser Wetterlagen hat.

Kategorie:    ALPINFORUM

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Fotos © ZAMG Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Alexander Radlherr