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Florian Grasel

Der 40 Jahre junge IT-Experte, IT-Unternehmer und Österreichs erfolgreichster Ultratrail-Läufer Florian Grasel lebt in der Buckligen Welt in Niederösterreich. Seine Lebensmittelpunkte sind seine Frau und seine Zwillinge. Bereits im Sportgymnasium war er der Ausdauertyp, entwickelte sich in der EDV-Branche allerdings zum Workaholic. Erst mit etwa 30 kam er zum Laufen und wurde zum Laufaholic.  
 
Nicht erst seit seinem neunten Rang beim Ultra Trail du Mont Blanc 2018 gehört er zu den besten Trailrunnern Österreichs, er ist national und international ein Begriff. Balance ist sein Zauberwort – indem er sich auf das Wesentliche fokussiert, strebt er Tag für Tag danach, seine Lebensaufgaben und -lieben in Einklang zu bringen.
 

Zum Thema Sicherheit und Naturschutz hat Florian eine klare Meinung:

Monte Grappa

Laufen statt fliegen

Findest du, dass man die Bergwelt sportlich nutzen und gleichzeitig schützen kann? Oder ignorieren wir einfach, dass unser starker Konsum die Berge und die Umwelt kaputt macht?

Ja, ich finde definitiv, dass man die Bergwelt sportlich nutzen und gleichzeitig schützen kann. Vor allem wir Trail-Läufer hinterlassen ja hoffentlich nichts außer unseren Fußabdrücken,  darum glaube ich, dass die meisten von uns so nachhaltig wie möglich unterwegs sind. Die Anreise zum Berg ist allerdings zu hinterfragen. In meinem Fall, ich lebe ja in Niederösterreich, somit als Flachlandtiroler ohne Berge, ist es oft nicht anders möglich, als das Auto zu benützen. Ich versuche es aber so selten wie möglich zu machen und vor allem zu Hause zu trainieren. Bezüglich Reisen habe ich zwei Bereiche, die das Reisen nötig machen – mein Sport, das Ultratrail-Running und meine Arbeit. Für beide versuche ich, motorisiert keine langen Wege zu machen. Ich bin auch bemüht, meine Ausrüstung so nachhaltig und langlebig zusammenzustellen wie möglich.
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Bei deinen Touren bist du oft in traumhafter Landschaft. Kannst du sie genießen und was tust du persönlich, um zum Schutz der Gebirgsnatur und des Klimas beizutragen? 

Alles, was ich mache, mache ich ja wegen der Natur. Sie ist mein Ausgleich zur Arbeit und ich kann die Natur mit allen ihren extremen Facetten sehr intensiv genießen. Darum bin ich sehr umwelt-bewusst und setze immer alles daran, meine ökologischen Fußabdrücke so klein wie möglich zu halten. Ich genieße die Zeit draußen und inhaliere die Natur und alles, was sie zu bieten hat.
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Sind Schutzgebiete und Einschränkungen zum Bewahren wertvoller Lebensräume sinnvoll, oder sollten die Berge generell frei zugänglich bleiben – und Selbstverantwortung gefordert sein?

Durch die Corona-Zeit sind jetzt noch mehr Menschen in den Bergen unterwegs. Das erlebe ich auch in Niederösterreich. Mehr Aufklärung wäre auf alle Fälle wichtig. Schutzzonen: Ja. Vor allem für Tiere – hier kann man sicher mit Aufklärung viel erreichen und sicherstellen, dass alle etwas beitragen können, Zonen einhalten und möglichst sanft in der Natur unterwegs sind.
Monte Grappa 2
Was tust du, um dein persönliches Wagnis möglichst sicher und umweltbewusst anzugehen?

Ich schaue, dass ich meine notwendigen Reisen so kurz wie möglich halt. Ich versuche, alle unnötigen Flüge und Fahrten zu vermeiden. Darum trainiere ich hauptsächlich im Umkreis meines Lebensmittelpunkts in Niederösterreich, vor allem im Winter. Meine Haushügel bin ich heuer bislang rund 150-mal rauf und wieder runter gelaufen, ich hab ihn an einem Wochenende schon einmal 100-mal bewältigt (das sind 11.100 etwas mehr Höhenmeter als beim UTMB, Anm.). Mit ihm verbindet mich eine Art Hassliebe, auf jeden Fall bietet er eine mentale Herausforderung. Und hilft definitiv bei den Rennen. Auch meine Arbeitswege kombiniere mit Training, erledige ich weitgehend per Rad, das schätzen und befürworten auch meine Kunden. Z.B. bin ich, um nicht fliegen zu müssen, von Wien nach Kopenhagen zu einer Konferenz gelaufen – einmalige 1000 Kilometer in 20 Tagen. 
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Gratuliere, das kann aber sicher nicht jeder machen.

Das ist klar. Natürlich war das einmalig, im normalen Alltag bleibt meist keine andere Möglichkeit, als die normalen Verkehrsmittel verwenden. 

Was ist das Wichtigste, um solche enormen Distanzen wie du überwindest möglichst sicher zurücklegen zu können?

Das Wichtigste ist, dem Körper genügend Zeit zu geben, sich an die Belastungen anzupassen. Unser Herz-Kreislauf-System passt  sich rasch an, die Bänder, Sehnen und Gelenke aber brauchen deutlich länger. Sie melden sich leider auch erst ganz am Schluss und wenn sie sich melden, ist es oft schon zu spät. Also: gebt eurem Körper die Zeit und tastet euch langsam an längere Distanzen heran. 
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Würdest du Bergsteigen und Klettern als eine kreative Tätigkeit bezeichnen?

Ja, weil man neue Wege entdeckt, Überschreitungen macht, da kann man sich sicher kreativ ausleben und die Leistungen mit einem persönlichen Motto hinterlegen. Das tue ich absolut und das macht mir extreme Freude.

Ist deine Fähigkeit etwas zu wagen in die Wiege gelegt, oder kann man sie lernen? Woher kommt dieser Drang, hinauszuwollen in die Gefahr, dieses Wagen-wollen?

Die Leidenschaft ist tatsächlich erwacht – ich war als Kind von der Familie geprägt und viel in der Natur, aber nach meiner Firmengründung habe ich fast 10 Jahre lang fast gar nichts gemacht und erst dann ist diese Leidenschaft wieder erwacht.
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Fotos: BOA Technology GmbH