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Alex Riml Canyoning

EINE HEISSE SACHE IN KALTEM NASS?

Canyoning Teil 1: AUSRÜSTUNG

08.08.2019
Autor: Alexander Riml, Tiroler Bergsportführerverband
Canyoning oder Schluchtenwandern: was ist das eigentlich?
Das Wort kommt aus dem spanischen und umschreibt eine neuartige, faszinierende Tätigkeit in einer teilweise unberührten und zauberhaften Landschaft. Beim Canyoning werden Wasserläufe im Abstieg durch abseilen, klettern, schwimmen, wenn möglich sogar durch springen und rutschen begangen. Hier wird die sportliche Vielfalt und Herausforderung von Fels und Wasser in einer Urlandschaft verbunden. Es ist kurz gesagt der „nasse Bergsport“.

Man benötigt beim Canyoning teilweise die gleiche Ausrüstung wie beim Bergsteigen, hinzu kommt dann noch das Element Wasser. Für diesen nassen Teil braucht es nicht nur die entsprechende Ausrüstung, sondern zudem eine sehr gute Ausbildung, da sich die Seiltechnik von jener beim alpinen Bergsteigen wesentlich unterscheidet. Die falsche Seiltechnik kann beim Canyoning fatale Folgen haben, da man - wenn überhaupt - nur wenig Zeit hat seine Fehler zu korrigieren.
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Die richtige Ausrüstung ist beim Canyoning genau so wichtig wie bei allen sonstigen Sportarten im alpinen Gelände. Sie besteht aus einer Kombination von alpinen, speläologischen und wassersportlichen Teilen.


BEKLEIDUNG

Im kalten Wasser kühlt der Körper extrem schnell aus.
Dadurch kann es unter Umständen zu äußerst gefährlichen Situationen kommen (hohe Verletzungsgefahr, Leistungsabfall).
Daher wird beim Canyoning eine sogenannte Neoprenbekleidung eingesetzt. Diese bietet aber nicht nur Schutz vor Kälte, sondern auch vor Verletzungen. Für den optimalen Schutz gegen Kälte sollte der Wasseraustausch zwischen Neoprenbekleidung und Körper möglichst gering sein. Das heißt, dass die Bekleidung eine sehr gute Passform am gesamten Körper erreicht. Der dünne Wasserfilm zwischen Bekleidung und Haut wird durch die eigene Körperwärme erwärmt und bildet daher eine zusätzliche Isolation. Bei zu großen Anzügen wird genau diese Isolationsschicht beim Eintauchen durch das ständig fließende Wasser im Inneren des Anzuges zerstört und der Körper kühlt rasch aus. Die bevorzugten Stärken liegen in etwa bei 5 bis 7 mm, diese bieten ein noch ausgewogenes Verhältnis zwischen Isolierung und Bewegungsfreiheit. Es werden aber auch Anzüge bis zu 8 mm, je nach Canyoninggebiet und Jahreszeit, verwendet.

Die Neoprenkapuze, die entweder am Anzug integriert oder separat zum Mitnehmen ist, sollte auf keinen Fall als Kleidungsstück fehlen. Sie verhindert die starke Wärmeabgabe über den Kopf beim häufigen Eintauchen in das kalte Wasser. Weitere, sehr wichtige und unerlässliche, Kleidungsstücke sind die Neoprensocken, da die Füße am häufigsten im Wasser sind. Sie sollten eine Mindeststärke von 5 mm haben, dünnere Socken sind nur für warmes Wasser geeignet.

Neoprenhandschuhe werden meistens nicht angezogen, da sie die Fingerfertigkeit durch ihre Dicke sehr verringern (z.B. beim Klettern, beim Greifen von Ausrüstungsteilen usw.). Man sollte aber trotzdem immer ein Paar bei sich haben.

Beim An- und Abmarsch zur Schlucht sollte die Neoprenbekleidung noch nicht angezogen, sondern am Rucksack getragen werden, da die Ableitung der Körperwärme vom Neoprenanzug sehr eingeschränkt wird. Es kann zur Überhitzung des Körpers und dadurch zu gefährlichen Folgen für den Kreislauf kommen.

SCHUHE

Bei diesem Thema scheiden sich die Geister. Die einen bevorzugen den altbekannten Berg– oder Trekkingschuh, die anderen tragen lieber einen Canyoning- oder Wassersportschuh. Die Berg- oder Trekkingschuhe haben einen großen Nachteil: Durch ihre aufwendige Verarbeitung (viel Material für einen guten Komfort beim Gehen) saugt sich das gesamte Material mit Wasser voll und der Schuh wird beim Schwimmen und Laufen sehr schwer.
 
EIN GUTER SCHUH SOLLTE DAHER FOLGENDE EIGENSCHAFTEN AUFWEISEN:
● wenig saugfähiges Material
● tiefe Profilsohle aus rutschfestem, aber nicht zu hartem Gummi
● knöchelhohes Modell für Anfänger
● gute Biegsamkeit für bequemes Laufen und Klettern
● wenn möglich in einer Signalfarbe
● geeignet für den Dauereinsatz im Wasser


HELM

Wie bei allen anderen Bergsportaktivitäten wird auch beim Canyoning ein Helm verwendet. Hier hat er nicht nur den Zweck den Kopf vor Steinschlag zu schützen, sondern auch das hohe Risiko eines Sturzes im äußerst rutschigen Gelände vorzubeugen. Ein weiterer großer Vorteil des Helms ist der Schutz vor Kälte und Wasserdruck beim Abseilen im Wasserfall. Der Helm sollte während der gesamten Tour am Kopf bleiben (auch bei Sprüngen).
 
WICHTIGE ANFORDERUNGEN AN DEN HELM:
schwimmfähig
● geringes Gewicht
Signalfarbe
● Öffnungen, die das Wasser leicht abfließen lassen
● sehr einfach verstellbar (ständiges Auf und Ab der Neoprenkapuze)
● der Norm entsprechend
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CANYONINGGURT

Canyoning ist eine Sportart, die sich großteils im Wasser abspielt. Daher sollte man einen dafür eigens gebauten Gurt verwenden. Von der Industrie werden für diesen Verwendungszweck immer bessere Produkte hergestellt. 
Normale Klettergurte sollten beim Canyoning nicht eingesetzt werden, da diese wesentlich mehr Nachteile haben.
Das Gurtmaterial würde beim Rutschen beispielsweise unnötig schnell beschädigt werden.
 
EIN GUTER CANYONINGGURT SOLLTE DAHER FOLGENDE EIGENSCHAFTEN BESITZEN:
Anseilpunkt aus einem Metallbügel
Polsterung im Hüftbereich mit nicht saugendem Material
● gut und groß angeordnete Materialschlaufen
● wasserabweisendes und strapazierfähiges Gurtmaterial
● komplett verstellbar im Hüft- und Beinbereich
● ein am Gesäß verstellbarer und auswechselbarer Gummischutz (Schlatz)
 
AM GURT MUSS MAN EINIGE WICHTIGE AUSRÜSTUNGSGEGENSTÄNDE BEFESTIGEN, DIE ZUM EIGENSCHUTZ DIENEN: 
● Kappschlinge (ca. 6 cm lang) als Verbindung zwischen Anseilring und Abseilgerät
● Kappmesser oder Kappschere
● Selbstsicherung (2 Stück mit kleinen Schraubkarabinern)
● Abseilachter mit Schraubkarabiner
● ein Klemmgerät für Notfälle
● weiteres Sicherungsmaterial nach Bedarf


RUCKSACK

Da beim Begehen von Schluchten meist viel Material transportiert werden muss (Seile, Sicherungsmaterial, Bohrzeug, Erste Hilfe Set), kommt dem Rucksack eine große Bedeutung zu. Es wird dabei zwischen Führer- und Gästerucksack unterschieden. Für einen Gast verwendet man meistens nur einen so genannten Schleifrucksack, der ausschließlich für den Transport von Material geeignet ist. Der Rucksack für den Führer muss ein speziell angefertigter Canyoningrucksack (z.B. Marke Rocksnake ) sein, der einige Besonderheiten in Bezug auf die Verwendung aufweist.
So sollte er die Fähigkeit besitzen, sich im Notfall als Treibanker, bei speziellen Seiltechniken, umbauen zu lassen.
Am Markt werden auch wasserdichte Rucksäcke angeboten. Diese Art von Rucksäcken ist für das Canyoning nicht geeignet, da eingetretenes Wasser (z.B. durch nasse Seile) nicht mehr entweichen kann. Für Gegenstände, die überhaupt nicht nass werden dürfen (z.B. Fotoapparat, Erste Hilfe Paket) haben sich so genannte wasserdichte Säcke, spezielle Hartschalenkoffer und Gepäcktonnen bewährt. Sie sind gleichzeitig die Auftriebskörper für den Rucksack, was beim Canyoning sehr wichtig ist, damit nicht das gesamte Material untergeht.
 
WICHTIGE PUNKTE FÜR EINEN GUTEN CANYONINGRUCKSACK: 
 
● großes Volumen (40 – 50 l) und robuste Bauart (solides PVS–Material)
● große und verstaubare Deckeltasche
● innenliegende Materialtaschen
● geschützte und abnehmbare Gurtschnallen
● eingetretenes Wasser sollte sehr schnell wieder entweichen können (Lenzvorrichtung)
● angenehmes und gutes Tragesystem
● gepolstertes Rückenteil
● unterteilbar in zwei getrennte Fächer und abdeckbare Lenzvorrichtung
● umbaufähig und integrierter Treibanker (wichtigster Punkt für einen Führer)

SCHWIMMWESTE

Eine Schwimmweste wird beim Canyoning fast nicht mehr getragen, außer man begeht Touren, die reine Schwimmcanyons sind. Der Vorteil von Schwimmwesten ist, dass sie ein zusätzlicher Auftriebskörper sind und Polsterung gegenüber eines Anpralls bei Hindernissen für die Person gewährleisten.
Schwimmwesten sind aber auf keinen Fall Ersatz für schlechte Schwimmkenntnisse im Wildwasser.
Durch die Verwendung von Schwimmwesten wird allerdings oftmals die Bewegungsfreiheit deutlich eingeschränkt. Dies wirkt sich im Besonderen beim Klettern und Abseilen aus.
Einer der größten Nachteile ist, dass der größere Auftrieb bei Walzen (Rückläufe bei größeren Hindernissen im Wasser) ein Selbstbefreien sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich macht.
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SEILE

Bergsteiger- oder Kletterseile mit hohem Dehnungsfaktor (dynamische Seile) sind für das Canyoning nicht geeignet, da dieser hohe Dehnungsfaktor bei längeren Abseilstellen ein Seilwippen erzeugen kann. Dadurch werden die Seile auf rauhem Fels leichter durchgescheuert. Außerdem kann man sie nur schwer ablängen, was beim Canyoning einen wichtigen Sicherheitsfaktor darstellt.

Aus diesem Grund verwendet man so genannte Statikseile oder Halbstatikseile. Diese Seile weisen eine andere Konstruktion auf als dynamische Seile (Verhältnis Mantel zu Kern), auch wenn sie sich kaum voneinander unterscheiden.
Mit ihrer relativ geringen Dehnung sind Canyoningseile und Speläoseile für statische und annähernd statische Belastungen bestimmt
(Auf- und Abstieg am Seil), nicht aber zur Aufnahme von Fallenergie (Auffangen von Stürzen).
Bei Quergängen und Notausstiegen, bei denen man mit Seil im Vorstieg klettern muss, stellt diese geringe Dehnung ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar.
 
ANFORDERUNGEN AN CANYONINGSEILE: 
● sehr geringe Mantelverschiebung
● robust gegen Verschleiß
● wenn möglich Seilmantel in einer Leuchtfarbe
● geringe Seilschrumpfung
● geringe Gebrauchsdehnung
● wenn möglich auch schwimmfähig
● nicht zu geringer Seildurchmesser
 
SEILMARKIERUNG:
Zum Einrichten von Abseilstellen beim Canyoning ist es unerlässlich, dass die Seilmitte sowie die jeweiligen Seillängen markiert sind. Dazu werden die Seile mit einem wasserfesten, gut sichtbaren „Stift“ wie folgt markiert:
● die Mitte des Seiles mit einer 3 - 4 cm langen, um den Seilmantel herumlaufenden, Markierung
● die Länge der Seile an beiden Seilenden mit einem 1 cm breiten Markierungsring für jeweils 10 m Seillänge, sowie mit einem 2 cm langen Längsstrich für jeweils 5 m Seillänge 

Firmenbänder am Anfang der Seilenden müssen unbedingt entfernt werden, da sie an engen Abseilhaken hängen bleiben können.
Da viele Seile nach dem ersten Gebrauch schrumpfen (bis zu 10% je nach Seiltype), sollte man dies
beim Ablängen und beim Markieren immer beachten.
 
TRANSPORT DES SEILES WÄHREND DER TOUR: 
Es sollten keine losen Seilschlingen im Wasser treiben, da diese leicht von der Wasserströmung mitgenommen und sich zwischen Steinen und Holzwerk verheddern oder verklemmen können. Um dieser großen Gefahrenquelle vorzubeugen, hat sich die Seilsack Methode am besten bewährt. Dabei wird ein Knoten (Sicherheitsknoten) an das Seilende gemacht und das Seil anschließend im lockeren und krangelfreien Haufen in den Rucksack eingezogen. Das zweite Seilende fixiert man mittels Knoten an der Rucksack-Innenseite.
Dies bringt den Vorteil, dass der Seilsack an den Standplatz fixiert ist und aus diesem direkt gearbeitet werden kann.
Nicht zu empfehlen ist das Aufnehmen des Seiles mit der klassischen Methode (Seilpuppe). Dazu müsste die Seilpuppe bei jeder Abseilstelle immer wieder gelöst werden, wodurch eine Menge Seil im Wasser treiben kann. Beim Abstieg bleibt man mit den Seilschlaufen zudem leicht am Rücken hängen.

HANDBOHRSYSTEME

Das Handbohrzeug ist beim Canyoning ein wichtiges Ausrüstungsutensil und sollte bei der Planung keinesfalls vergessen werden. Es nimmt zwar einiges an Platz in Anspruch und ist auch nicht gerade leicht, dennoch ist die Mitnahme für eine Gruppe im Notfall unerlässlich. 

Am Markt gibt es momentan ein neues Handbohrsystem mit SDS Bohrer, das sich bewährt und durchgesetzt hat. Die Bohrer kann man ohne Werkzeug einspannen und herausnehmen, außerdem können beliebig viele und tiefe Löcher in den verschiedensten Durchmessern gebohrt werden. Somit ist die Verwendung jeder Art von am Markt erhältlichen Bohrhaken möglich - sogar Klebehaken.


ABSEILGERÄTE

Da beim Canyoning der Großteil der Fortbewegung darin besteht, sich in die Tiefe abzuseilen, kommt dem Abseilgerät eine wichtige Funktion zu. Es wird hierfür hauptsächlich der Abseilachter verwendet, da er gegenüber anderen Abseilgeräten Vorteile in der Anwendung hat. Auf dem Markt findet man eine Menge an neu entwickelten Abseilachtern, die speziell für das Canyoning geeignet sind.

Kategorie:     ALPINFORUM

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Fotos © Tirol Werbung, Alex Riml, Burtscher Matthias, Uhlig Bernd, Aichner Bernhard